Susi Spatz ist außer sich vor Wut.
Es kann doch nicht wahr sein, dass ihre Vermieterin nach zwei Jahren bestehenden Mietverhältnisses Eigenbedarf geltend macht.
Was war geschehen?
Im Mai 2021 freute sich Susi sehr, als sie die Möglichkeit erhielt, eine Dreiraumwohnung in einer kleinen Wohnanlage in der Nähe eines Landschaftsparks anzumieten. Eigentlich hätten ihr zwei Räume genügt, doch nunmehr konnte sie ohne räumliche Enge auch gerne hin und wieder ihre beiden Enkelkinder in der eigenen Häuslichkeit aufnehmen. Das war auch angenehm, da ihre Tochter alleinstehend ist und oftmals wegen ihres Jobs nicht viel Zeit für die beiden Enkel hat.
Susi`s Freund war seinerzeit schon etwas skeptisch. Fabian Floh kannte nämlich die neue Adresse der Vermieterin. Sie hatte angegeben, wegen der besseren Lage zu ihren Eltern in deren Wohnung in die Kleinstadt zu ziehen. Fabian kannte die Örtlichkeit und wusste, dass es sich bei der Wohnung der Eltern auch nur um eine Dreiraumwohnung handelte.
Doch letztlich war es egal, der Mietvertrag mit Susi war unbefristet geschlossen und Susi hatte überhaupt keine Sorgen wegen ihrer relativ hohen Rentenbezüge, die monatliche Miete aufzubringen.
Und jetzt sollte alles wegen Eigenbedarfs enden?
Berta Biber, die Vermieterin, erklärte in ihrer Eigenbedarfskündigung, dass die Dreiraumwohnung ihrer Eltern für vier Erwachsene Personen und ein Kind viel zu klein sei. Weitere Gründe gab sie für den Eigenbedarf nicht an.
Unstrittig war die Wohnung, die Susi bewohnte, eine Eigentumswohnung der Frau Biber. Und ob Sie noch weitere Immobilien ihr Eigen nennen konnte, war nicht bekannt.
Doch Hilfe musste her. Fabian riet zu einem Anwaltsbesuch, denn auch er konnte nicht einsehen, dass Frau Biber zu Recht die Eigenbedarfskündigung aussprechen durfte.
Ein paar Tage später saßen beide bei ihrem Anwalt Gerhard Gerechtigkeit.
Aufgeregt und wütend trug Susi den Sachverhalt vor. Auch Fabian bestätigte diesen und berichtete von seinem Wissen über die Wohnverhältnisse der Eltern der Vermieterin.
„Ich glaube, ich kann Ihnen helfen.“ fing der Anwalt seinen Vortrag an
„Gerade vor kurzem habe ich eine Entscheidung des Amtsgerichtes Marbach gelesen, die auch in einem Berufungsverfahren vor dem Landgericht Heilbronn bestand hatte.
Dort hatte eine Vermieterin ebenso wie bei Ihnen eine Eigenbedarfskündigung damit begründet, dass die Wohnverhältnisse bei ihren Eltern viel zu beengt seien und deshalb der erhöhte Bedarf besteht. Bekannt war das allerdings auch schon, als das Mietverhältnis mit der dortigen Mieterin begründet worden ist.
Die Mieterin widersprach der Kündigung, sodass die Vermieterin letztlich eine Räumungsklage beim Amtsgericht einreichte. Diese wurde allerdings für unwirksam erklärt, da die Kündigung rechtsmissbräuchlich ist. Bereits vor Abschluss des Mietvertrages war der Eigenbedarf vorhersehbar gewesen. Das konnte in einer Beweisaufnahme auch so belegt werden.
Das Gericht wies dabei darauf hin, dass der Rechtsmissbrauch darin besteht, dass der Vermieter mit dieser Form der Kündigung sich in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setzt. Wie bei Ihnen hat die Vermieterin auch dort ein unbefristetes Mietverhältnis abgeschlossen, obwohl sie doch zunächst eine begrenzte Mietdauer hätte vereinbaren können. Dann hätte die Mieterin in dem dortigen Fall diese Wohnung vielleicht überhaupt nicht angemietet, da sie das Risiko eines Umzuges nach kurzer Zeit hätte in Kauf nehmen müssen. Das ist rechtsmissbräuchlich.“
„Genau das ist es!“ kam es aus Susi heraus.
„Niemals und nimmer hätte ich ein Mietverhältnis für zwei Jahre begründet. Mag die Wohnung und die Lage noch so schön sein, in meinem Alter zieht man nicht einfach so um. Das ist immer mit Aufregung und sehr viel Arbeit verbunden.“
Schnell war man sich einig, dass der Anwalt beauftragt wurde, unter Verweis auf die aktuelle Rechtsprechung der Eigenbedarfskündigung zu widersprechen. Vielleicht kann dadurch auch eine Räumungsklage abgewendet werden. Dies hoffen jedenfalls Susi, Fabian und auch der Anwalt.
Nachzulesen: Urteil des Amtsgerichtes Marbach am Neckar vom 19. Mai 2022, 3 C 166/21
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