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Ein Wasserschaden und seine Folgen

Helga Hahn freut sich. Die letzten Handgriffe sind erledigt und damit auch der Umzug und die Einrichtung ihrer neuen kleinen 1 ½-Raum-Wohnung, die sie nach der Trennung von ihrem Mann Hubert jetzt bezogen hat.

Klein aber mein, für das Erste völlig ausreichend, denkt Helga. Wenn sie aus dem Wohnzimmer der Hochparterre gelegenen Wohnung schaut, kann sie sogar ein Stückchen von dem nahe gelegenen See erkennen.


Nach knapp 2 Monaten, die Heizperiode stand kurz bevor, stellte Helga dann fest, dass sich an der Wand, an welche sie ihre Schrankwand gestellt hatte, schwarze Stellen bildeten. Schnell war dann mit dem Vermieter festgestellt, dass es sich um einen Schimmelbefall handelt, der aus einem Wasserschaden aus der darüber liegenden Wohnung noch vor ihrem Einzug verursacht wurde.

„Das habe ich erst gar nicht bemerkt“, sagte Helga und schilderte dies ihrem Noch-Ehemann Hubert.

„Sicherlich hat der Vermieter nur neu tapeziert und gestrichen, aber die eigentliche Ursache nicht beseitigt. Am besten du wendest dich an den Vermieter, der den Schaden beheben muss“, rät ihr Hubert.


Der Vermieter, Berthold Biber, schaute sich dann auch gleich auf dem darauffolgenden Tag den Schaden an und erklärt die Ursache. Die Schrankwand sollte abgerückt werden und der Vermieter würde zwei Trocknungsgeräte aufstellen, damit die Feuchtigkeit richtig beseitigt wird. „Dann haben wir auch die Ursache bekämpft. Ich denke, dass nach drei Wochen die ganze Angelegenheit vergessen ist“, schätzte Berthold Biber ein.


Die Prognose des Vermieters war leider falsch:

Obwohl sich Helga zwischenzeitlich mehrfach an ihn wandte, standen die Geräte nun schon die siebte Woche und Helgas Freuden über die neue Wohnung waren inzwischen völlig verflogen.


„Am liebsten würde ich ausziehen! Dann hat der Vermieter in der Zeit seit er die Trocknungsgeräte einsetzt, noch die volle Miete kassiert“, entrüstet sich Helga gegenüber Hubert.

„Ich habe mir jetzt auch schon eine andere Wohnung angesehen, die ich sofort beziehen könnte, aber hier gibt es keine Möglichkeit, vorzeitig aus dem Mietvertrag herauszukommen. Herr Biber hat mir erklärt, dass ich eine Kündigungsfrist von drei Monaten habe – solange hält das hier kein Mensch mehr aus“, fährt Helga resigniert fort.

„Am besten du lässt dich rechtlich beraten. Das Verhalten des Vermieters kann doch nicht akzeptiert werden“, erwidert Hubert.


Gesagt, getan!

Zwei Tage später sitzt Helga bei ihrem Rechtsanwalt Gerhard Gerechtigkeit. Nachdem sie ihm den ganzen Sachverhalt schilderte, riet der Anwalt, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen. „Bedeutet das denn, dass ich die drei Monate Kündigungsfrist nicht abwarten muss?“ hinterfragt Helga etwas ungläubig.

„Ja“, bestätigt der Anwalt. „Durch die Maßnahmen zur Schimmelbeseitigung ist Ihr Lebensraum in der Wohnung auf ein Minimum reduziert worden. Sie konnten doch Ihre Wohnstube kaum noch nutzen. Wegen dieser schwerwiegenden Beeinträchtigung des Wohnens steht Ihnen noch eine Mietminderungsquote von 80 % angemessen zu. Ich denke auch, dass zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses ein wichtiger Grund deshalb vorliegt, wie es der § 543 BGB fordert. Der Mangel an sich und auch die Dauer der Schadensbeseitigung sind doch schon sehr gravierend, so dass ich denke, dass eine Abmahnung an den Vermieter, wie ihn der § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB fordert, nicht erforderlich ist.“ führt Rechtsanwalt Gerechtigkeit weiter aus.

„Immerhin weiß Herr Biber auch um die Probleme, da ich in den letzten 3 ½ Wochen fast jeden zweiten Tag darauf aufmerksam gemacht habe, wie schlimm doch der Zustand in meiner Wohnung ist und es an der Zeit wäre, nun endlich mitzuteilen, wann die Sache abgeschlossen ist“, stellt Helga fest und fragt ihren Anwalt weiter: „Nun habe ich die Miete für den Zeitraum vollständig Herrn Biber überwiesen. Kann ich denn berechtigt von ihm die zu viel gezahlte Miete zurückfordern?“


„Ja. Das Recht zur Mietminderung steht Ihnen gemäß § 536 Abs. 1 BGB zu. Sie kannten zwar den Mangel, als der Schimmel auftrat, wussten aber nichts über das gesamte Ausmaß des Schadens und schon gar nicht, wie lange die Beseitigung des Wasserschadens dauert. Deshalb ist es aus meiner Sicht durchaus legitim, dass Sie für den bisherigen Zeitraum der Beeinträchtigung 80 % der gezahlten Miete zurückfordern.“


„Dann werde ich dieses Mietverhältnis gleich fristlos kündigen und dem neuen Vermieter Sigfried Schnecke mitteilen, dass ich gerne seine Wohnung ab sofort anmieten möchte. Wenn es mit der Rückforderung der überzahlten Miete dann noch klappt, hätte ich sogar schon einen größeren Teil der Kaution, die der neue Vermieter von mir verlangt“, stellt Helga fest und verlässt die Kanzlei zuversichtlich.


Nachzulesen Urteil des Amtsgerichtes Köln vom 29.03.2012 Az. 1 S 176/11

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